Home Business Handel Wie sich Omnichannel-Konzepte sinnvoll einsetzen lassen

Wie sich Omnichannel-Konzepte sinnvoll einsetzen lassen

Zum Erreichen der Kundenzufriedenheit ist es heute unabdingbar, alle zur Verfügung stehenden Verkaufskanäle anzubieten. Gerade die jüngere Generation wächst in einem Verständnis der permanenten Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit an Waren auf. Ohne einen schnellen und unkomplizierten Betrieb eines Online-Shops können Händler, egal welcher Branche, heute fast nicht mehr profitabel im Marktgeschehen agieren. Dies aber bringt ganz neue Herausforderungen mit sich, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie man die Investitionen in beide Kanäle optimiert.

Beide Kanäle haben Vor- und Nachteile

„Online-Handelswege bestechen durch ihre Effizienz, das One-Click-Shopping, eine enorme Produktvielfalt, ein Nichtvorhandensein von physikalischen Grenzen, was sich vor allem bei nicht digitalisierten Produkten wie beispielsweise Kleidung als äußerst wichtig erweist, sowie eine globale 24/7-Erreichbarkeit“, erläutert Dr. Jürgen Brock, CEO von fulfillmenttools, einem Kölner Software-Anbieter für Omnichannel-Order-Fulfillment im Handel. „Die Schwächen des E-Commerce sind dabei wiederum die Stärken des stationären Handels. Im Filialgeschäft kann der Kunde die Waren anfassen, riechen, anprobieren. Als Kunde kann man vor Ort mit seinen Sinnen das Shopping genießen.“

Es zeichnet sich ein Trend ab in Richtung Omnichannel, die intelligente Verzahnung von On- und Offlinekanälen. „Zum einen ist es ein großer Vorteil des stationären Einzelhandels, in der (physikalischen) Nähe seiner Kunden zu sein und dass er sofortige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit Kunden anbieten kann. Im Vergleich hierzu ist die kurzfristige Verfügbarkeit bei global agierenden Online-Händlern, die ein Zentrallager an einem kostengünstigen Standort betreiben, oft verhältnismäßig schlechter und der Kunde wartet länger auf das Produkt, als wenn er es im Geschäft um die Ecke erwirbt“, so Brock.

Verzahnung der Vertriebswege

„Ein äußerst wichtiger Aspekt, den es zu diskutieren gilt, ist die richtige und wichtige intelligente Verzahnung von physikalischem Handel und Online-Handel. Als Beispiel sei hier Click & Collect zu erwähnen. Darin lässt sich sehr gut der Nutzen eines gut funktionierenden Ineinandergreifens beider Kanäle erkennen wie auch die Vorteile von standortmäßig gut filialisierten Geschäften“, fügt Jürgen Brock hinzu. Ein gut aufgestelltes Omnichannel-Modell werde in Zukunft notwendig sein, um alle Kundenbedürfnisse zuverlässig zu erfüllen. Der Retail-Markt ist zudem durch sich ändernde Marktverhältnisse und Kundenwünsche gezwungen, sich immer wieder neu zu erfinden. Auch hinsichtlich der Vermarktungsstrategie ist dies zu beachten. In Zukunft werden diese Marktentwicklungen und auch Entwicklungsströme im Kaufverhalten der Kunden noch mehr Aufmerksamkeit seitens der Händler erfordern.

Neue Potenziale durch Zusammenspiel der Kanäle

Durch Nutzen beider Vertriebskanäle sollen zuerst natürlich die Vorteile beider vereint und zugleich die Schwächen der jeweiligen Channels ausgemerzt werden. „Trotzdem ist es leider der Fall, dass bei klassischen Business-Modellen, bei welchen der Kunde online Click & Collect bestellt, oft die Ware erst aus dem Zentrallager zur örtlichen Zweigstelle geschickt werden muss und hierbei einfach eine zu lange Lieferzeit entsteht. Erfahrungsgemäß führt dies ab Tag 5 zu erhöhten Stornierungsquoten, weil die Kunden nicht so lange warten möchten“, erklärt Jürgen Brock. „Dem kann durch eine Verzahnung der Kanäle entgegengewirkt werden. Mit einem modernen ‚ship-from-store‘-Ansatz wird zum Beispiel das Filialgeschäft mobilisiert, das sich in unmittelbarer Nähe zum Wohnort des Kunden befindet. Dort hat man die bestellte Ware im Lager und könnte diese dem Kunden sofort anbieten, was eine erhöhte Servicequalität und dadurch einen zufriedenen Kunden ermöglichen würde.“ Die Umschlagsgeschwindigkeit ist hier ein wichtiger Aspekt. Eine Optimierung der Liefergeschwindigkeit führt nicht nur zum explizit erwünschten Aspekt der Kundenzufriedenheit, sondern optimiert auch den Warenbestand.

„Im Bereich Omnichannel ist auch der Begrifff ‚One-Voice‘ bedeutend, versichert er doch dem Kunden, dass ihm online das gleiche versprochen und kommuniziert wird wie offline bzw.im Filialgeschäft“, erläutert Jürgen Brock. Dies vermittelt eine Übereinstimmung des Online-Angebots und des Angebots vor Ort. Auch das Unternehmen soll sich so als Einheit präsentieren, also in sich stimmig, was es so nach außen repräsentiert. Diese Verzahnung wirkt sich positiv auf die Customer Journeys aus, wenn beispielsweise ein Artikel online erworben wird, und im Falle eines Umtauschs oder einer Rückgabe die Möglichkeit besteht, dies im Filialgeschäft abzuwickeln. Demnach ist auch eine Interaktion zwischen den einzelnen Filialen unabdingbar, da hierdurch dem Kunden ein Mehrwert an Serviceleistungen angeboten werden kann.

„Grundsätzlich ist es extrem wichtig für Händler, sich als ‚eine einheitliche Firma bzw. Marke‘ zu präsentieren. Nichts ist für die Kunden ärgerlicher und schädigt das Vertrauen nachhaltiger, als wenn auf einem Kanal des Händlers, zum Beispiel per E-Mail, die eine Botschaft verbreitet wird, aber über einen anderen Kanal, zum Beispiel via klassischer Werbung in der Filiale, eine ganz andere. Das irritiert den Kunden, schädigt das Image und sollte unbedingt verhindert werden“, so Brock.
Foto: fulfillmenttools
Foto: fulfillmenttools

Neue Umsetzungsmöglichkeiten

„Ein wichtiges Element zur Umsetzung sind zum Beispiel Distributed Order Management Systeme, kurz DOMS, die die verschiedenen Vertriebswege und Optionen intelligent verwalten. Ein Beispiel: Eine Bestellung geht über den Online-Weg ein. Dann ist es im Folgenden die Aufgabe des Systems, zu prüfen, wie diese Bestellung am besten erfüllt, also fulfilled, werden kann ─ sprich, wo beispielsweise das Produkt am für den Kunden günstigsten Ort abgeholt werden kann“, merkt Jürgen Brock an.

Ein anderes wichtiges Element ist die Aktivierung und Befähigung der Filialen. Das heißt, dass via App von Mitarbeitern in der Filiale geprüft wird, ob zum Beispiel der bestellte Artikel vorhanden ist. Danach wird dies dem Kunden auf dem gleichen Kanal kommuniziert. Bei Bedarf wird ein Versanddienstleister hinzugeschaltet.

Click & Collect oder Click & Reserve können hierbei als weitere Beispiele herangezogen werden: Der Kunde kann an einem bestimmten Tag die Ware bestellen und dann am nächsten oder auch am gleichen Tag auf unkomplizierte Weise und ohne lange Wartezeit die Ware (bei Click & Collect sogar bereits bezahlt) abholen.

Benefits für Online- und Filialhandel

„Die Vorzüge lassen sich wie bereits angesprochen an den jeweiligen spezifischen Stärken der Kanäle festmachen, so wie beispielsweise die Ortsunabhängigkeit beim Online-Handel. Der Kunde kann von zu Hause oder vom Urlaubsort aus bestellen. Dagegen kann der Kunde sich beim Händler vor Ort von der Ware ein besseres Bild machen und diese bei Gefallen sofort erstehen und mitnehmen“, erläutert Jürgen Brock. Auch die einfache Abwicklung der Bezahlung ist im E-Commerce ein großer Nutzen. Der Kunde kann aus verschiedenen Zahlungsmethoden die für sich am besten geeignete wählen.

„Wenn der Kunde online kauft, hat er zudem den Vorteil ganz anderer, weitaus besserer Retouren- und Umtauschbedingungen“, so Brock. „Heute ist ein Umtauschrecht von 30 Tagen plus keine Seltenheit mehr. Diese Regelungen können für die Kunden um einiges attraktiver als im Filialgeschäft sein.“

Für die Händler ist die Nutzung von Omnichannel außerdem hinsichtlich der Mitarbeiter von Vorteil, denn hierdurch erweitert sich deren Aufgabenspektrum, da sie auch den Fulfillment-Gedanken maßgeblich mitgestalten. Zudem können die Kosten, die im Filialgeschäft ohnehin anfallen, durch Omnichannel besser ausgeglichen bzw. kompensiert werden. Die Filialen untereinander werden so auf Dauer optimal aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt, wodurch sich die Kundenfrequenz in den Geschäften erhöht.

Wichtig für den Mehrwert für Kunden und Anbieter ist es zudem, alles so einfach wie möglich zu gestalten. So sollten zum Beispiel die verwendeten Apps einfach zu bedienen sein. Gerade in der Logistik ist darauf zu achten, die Arbeitsmittel so nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Im Filialgeschäft soll für den Endanwender die Prozessgestaltung schnell umsetzbar sein, trotz vorhandener Komplexität.

Neue Kundensegmente und Kundenbindung

„Wenn den Kunden neue Kanäle zur Verfügung gestellt werden, geben sie im Durchschnitt etwas mehr an Geld aus. Omnichannel-Customer sind also bereit, mehr Geld beim Shopping in die Hand zu nehmen. Auch wechseln moderne User schneller den Händler bei Unzufriedenheit ─ Omnichannel-Marken dagegen werden nicht so schnell vom Kunden aufgegeben“, sagt Jürgen Brock. „Bei Click & Collect-Angeboten hat dies auch einen Vorteil aus Kundensicht. Die Verzahnung von diversen Vertriebszielen und die Omnichannel-Präsenz zielt unter anderem auch auf die Gewinnung von Kunden aus der ‚Next Generation‘ wie Millenials und Gen Z.“

„In Zukunft wird der Omnichannel-Handel eine immer größer werdende Rolle spielen. Konsumenten fordern vom Handel eine intelligente Verzahnung des Online- und des Offline- Filialgeschäftes“, resümiert Jürgen Brock. „Der Vor-Ort-Service eines Händlers bietet diverse Vorteile, die durch den reinen Online-Handel nicht abgebildet werden können. Daher ist ein intelligenter Mix aus Online und Offline für Handelsunternehmen zukünftig ein Muss.“
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