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Interview mit Carine Chardon

ZVEI setzt sich für faire Wettbewerbsbedingungen und einen starken Europäischen Binnenmarkt ein

Carine Chardon
Carine Chardon
(Bild: ZVEI)

Frau Chardon, der ZVEI setzt sich unter anderem für die Interessen der Consumer-Electronics- und Hausgeräte-Industrie gegenüber Gesetzgebungsinstanzen und Aufsichtsbehörden auf nationaler und europäischer Ebene ein. Was sehen Sie hier als Ihre Hauptaufgabe?

Ein offenes Ohr für die Mitgliedsunternehmen zu haben, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen und die Konsequenzen der Regulierungsvorhaben für unsere Industrie frühzeitig und bestmöglich herauszuarbeiten, steht im Kern meiner Aufgaben. Es ist nicht immer einfach, den Überblick zu behalten angesichts der Vielzahl an Rechtsakten, die derzeit in Brüssel und Berlin verhandelt werden. Gerade gegenüber dem Mittelstand haben wir da verbandsseitig eine große Verantwortung. Der permanente Dialog mit der Industrie und ein regelmäßiger Austausch mit weiteren Akteuren unseres „Ökosystems“ – ob Handel, NGOs oder Behörden – sind unerlässlich, damit die richtige Positionierung gelingt und wir die Entscheidungsträger mit unseren Statements erreichen. Stärker als noch vor einigen Jahren geht es darum, sich konstruktiv in die Lobbyprozesse einzubringen. Unterm Strich setzen wir uns als ZVEI für faire Wettbewerbsbedingungen und einen starken Europäischen Binnenmarkt ein. Die Hausgeräte und Consumer Electronics Industrie ist grundsätzlich für EU-Harmonisierung und gegen nationale Alleingänge, da diese den freien Warenverkehr erschweren. Allerdings müssen die Regelungen auch sinnvoll und verhältnismäßig sein, und eine wirksame Marktaufsicht muss gewährleistet werden.

Sie sind nun seit 100 Tagen auch für das Hausgeräte-Segment zuständig und kommen gerade aus Brüssel zurück. Welche Themen standen hier auf der Agenda?

Wie erwähnt, nimmt in den letzten Jahren die Regelungsintensität aus Brüssel drastisch zu. Das trifft unsere Branche ganz besonders, da etwa im Rahmen des European Green Deal viele Regelungen an der Schnittstelle von Umwelt-, Nachhaltigkeit- und Verbraucherpolitischen Themen entstehen. Das geht vom horizontalen, erweiterten Ökodesign über das „Recht auf Reparatur“ bis hin zu einer Fülle an Nachhaltigkeits-Berichtspflichten, die die Unternehmen treffen. Im Moment sind die Europäischen Institutionen besonders aktiv, da die Legislaturperiode bald endet und man zuvor noch so viel wie möglich abschließen möchte. 

Wie beurteilen Sie das wichtige Thema „Recht auf Reparatur“ in unseren Branchen und welche Lösungen werden hier angestrebt?

Es gibt im Prinzip gar nicht „das“ Recht auf Reparatur, sondern eine Vielzahl an Regelungen konvergiert zu einer Stärkung der Reparaturkultur insgesamt. Das unterstützen wir im Kern. Das Vorhalten von Ersatzteilen und Reparaturanleitungen ist teilweise bereits gesetzlich verankert, ebenso wie die Verpflichtung zu Software Updates. Künftig werden diese Voraussetzungen noch weiter gestärkt. Hinzu kommen Informationspflichten am Point of Sale, etwa ein Reparaturindex zur Orientierung bei der Kaufentscheidung und das Ausweisen von Herstellergarantien für größere Transparenz. Die Richtlinie, die aktuell gemeinhin als das „Recht auf Reparatur“ verstanden wird, sieht vor, dass künftig bei Defekten im Rahmen der Gewährleistung die Reparatur Vorrang vor einem Gerätetausch hat. Der Ersatz soll zukünftig nur die Ausnahme sein. Zugleich soll die Möglichkeit der Reparatur auch nach dem Ende der Gewährleistungszeit verbessert werden. Über eine „Reparaturplattform“ sollen Verbraucher künftig leichter Zugang zu Reparatur-Diensten finden. Zudem sollen standardisierte Reparaturformulare eingeführt werden.   

Wie werden sich weitere Initiativen einer EU-Harmonisierung - wie beispielsweise Ecodesign-Anforderungen, mehr Informationspflichten am Point of Sale sowie ein Verbot von Greenwashing - auf den deutschen Markt auswirken und welche Reaktionen erwarten Sie hier von Handels- und Industrieseite.

Industrie und auch Handel bereiten sich frühzeitig auf kommende Veränderungen vor. Aktuell bleibt noch abzuwarten, worauf sich die europäischen Institutionen in den einzelnen Punkten konkret einigen und welche Umsetzungsspielräume die Mitglied-Staaten ggfs. wählen. Interessant wird, welche Auswirkungen die Regelung über umweltbezogene Aussagen haben wird. Hier ist Potential für relevante Veränderungen, wenn man bedenkt, wie großzügig aktuell manche Nachhaltigkeitsaussagen geäußert werden. Nicht alles ist fundiert oder nachprüfbar. Hier bleibt aber insgesamt noch etwas Zeit, die Folgen abzuschätzen, da es unwahrscheinlich ist, dass die „Green Claims“ Richtlinie noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird.

Gibt es Bemühungen, die Energieeffizienzklassen für Elektrogeräte auf ein nach oben hin offenes System umzustellen? Nach der letzten Reform gibt es zum Beispiel jetzt schon wieder Waschmaschinen, die das Label A -30 Prozent tragen.

Das Produktgruppenspezifische Ökodesign und die damit verbundenen Energielabel werden in regelmäßigen Abständen durch die EU-Kommission überprüft. Der letzte große Recast fand 2021 statt, als die Plus-Klassen abgeschafft wurden. Das ist also noch gar nicht so lange her. Ziel war es, dass die neuen Energieklassen eine Weile Bestand haben. Die Produktsegmente haben sich seither unterschiedlich entwickelt – während bei TV-Displays die Einstufung immer noch mehrheitlich in den unteren Klassen verbleibt – was auch an überambitionierten, unsachgemäßen Zielen lag, haben zahlreiche Haushaltgeräte schon wieder die Spitze der Energieeffizienz erreicht. Das ist in erster Linie positiv für den Energieverbrauch in den Haushalten und zeigt, dass die Industrie nicht in ihren Bemühungen nachlässt, weitere Effizienzsteigerungen möglich zu machen.

Herzlichen Dank Frau Chardon, für Ihre Antworten.

 

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